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Germanen weltweit III: Volker Nüttgen, ein geselliger Einzelgänger
Bald 80 und der Spaß am Rudern wurde zuletzt noch größer. Germania-Mitglied Volker Nüttgen, geboren in Rothenburg ob der Tauber, rudert seit seinem 18. Lebensjahr, im Januar wird er 79, lebt in Villalba nahe Madrid. Er lernte rudern in Hannover, war danach ruderisch und beruflich in Deutschland und der Welt unterwegs. Die Verbindung zum Ruderclub Germania Düsseldorf ist immer geblieben, mit (Ruder-)freunden trifft er sich in seiner Heimat Spanien oder in Hannover und Düsseldorf.
Rudern in Spanien – warum?
Volker Nüttgen fährt liebend gerne im Großboot, und auch im Einer, sogar noch im Renneiner. Derzeit dreht er aber seine Runden im Gigeiner Reina del Ocio, übersetzt Königin der Freizeit. Ein wirklich passender Name, denn Rudern bringt ihm besonders große Lebensfreude. Aber nicht nur im Einer. Er geht auch mit Vereinskameraden aufs Wasser. Weil es aber in seinem aktuellen Verein nur noch vier Mitglieder gibt (dazu später mehr), mischen sich die Ruderer der befreundeten Vereine. Immer mit der Zeit, so zeichnet heute seine Uhr die Minuten und Kilometer auf.
Das was sein Leben auf dem Wasser ausmacht zeigt sich auch an Land. Er ist gerne alleine, liebt aber auch die Geselligkeit der Spanier. „Hier bist du nie alleine, du musst nur auf die Straße gehen.“ Weil er in der Familie damals keinen Halt bekam, war ihm klar, dass er selber keine Familie haben wolle. Und das war für ihn eine bereichernde Entscheidung, denn er liebt das Leben wie es ist. Früh war im klar, dass er mal nach Russland oder Spanien auswandern wollen würde. Diese so verschiedenen Länder haben es ihm angetan. „Ich hatte im Erdkundeunterricht damals diese Vorliebe entdeckt und das wurde ergänzt durch Filme und Dokumentationen im Fernsehen“, erzählt der Germane. Aufgrund der damaligen Situation mit Russland in den 1960er Jahren war auswandern dorthin nicht denkbar, so wurde es Spanien.
Viele ruderische und berufliche Stationen
Über seinen so lebendigen ruderischen und beruflichen Werdegang kann es nur eine grobe Übersicht geben. Alles in seiner Chronik wiederzugeben, würde hier den Rahmen sprengen. Seine Leidenschaft zum Rudern begann in Hannover, wo die Familie damals hinzog, weil der Stiefvater dort berufsbedingt hinwechselte. Zuvor in Frankfurt hatte er zwar das Anmeldeformular von der Frankfurter Germania bereits ausgefüllt, aber der Wegzug hinderte ihn am Rudern auf dem Main. Bei einer Arztuntersuchung der Schulklasse an der Leibnizschule, zu der er dort ging, wurde ihm der Rudersport wärmstens empfohlen, er soll mal Muskeln aufbauen, darauf stünden die Frauen. „Ich bin mir sicher, meine ruderbegeisterten Schulkameraden haben vorher mit dem Arzt einen Deal gemacht“, schmunzelt Volker Nüttgen. Er begann im Hannoverschen Ruderclub und wurde gerade kürzlich für seine 60-jährige Mitgliedschaft geehrt.
Er machte drei Jahre Leistungssport, gewann Bronze als Schlagmann im Achter beim Eichkranzrennen, den damaligen Deutschen U23-Meisterschaften. Gerne erinnert er sich vor allem auch an die Rennen in Duisburg gegen seine späteren Freunde aus der Germania. Immer wieder schließen sich die Kreise später. Doch zunächst wanderte er aus, mit 23 Jahren. Aus zwei Jahren wurden sieben.
Seine Zeit als Berufstätiger bei Siemens erlebte er überwiegend in Spanien, und bei Thyssen in Düsseldorf, in Griechenland, Venezuela und Trinidad und Tobago, Portugal, und wieder Spanien. Zudem in Mülheim/Ruhr wo er auch im Boot saß. So trat er 1974 in den RCGD ein, war mal weg und kam vorübergehend wieder, setzte sich in der Pressearbeit ein und war als Trainer aktiv, zusammen mit Günter Schroers. Er brachte Gunnar Hegger das Rudern bei, eine Freundschaft besteht bis heute. Er begleitete Michael Buchheit bei seinen nationalen Anfängen, bevor dieser drei Jahre in Folge Weltmeister wurde, weitere Bronzemedaillen gewann und bei Olympia mit nur 2,5 Sekunden auf Bronze Fünfter wurde. Anlässlich seines 50. Geburtstages wurde er in der Germania zum „Ehrentrainer“ ernannt, kein offizieller Titel aber immerhin in einer Urkunde bescheinigt.
Sein späteres Ruderleben
Er war aber auch immer wieder selber aktiv. Auf dem Rhein, auf Wanderfahrten, im Rennboot im Hafen oder im Kraftraum. „Auch im Hallentraining im Winter war ich in erster Linie bei den Trainingsleuten und machte dort wie jeder andere mit. Aber auch bei den Breitensportlern habe ich selten gefehlt.“ Geehrt wurde er bereits für 15 Fahrtenabzeichen, trotz vieler beruflich bedingter Auszeiten vom Rudern. Ralph Beeckmann, auch ein enger Weggefährte von Volker Nüttgen äußert sich begeistert: „Genial, dass er noch so aktiv ist, das ist großartig!“ Er ruderte, bis Corona ins Leben kam, alljährlich bei der Altherren-Barkenfahrt mit, machte auch die Moseltour immer mit Freude mit. Aufgrund der allgemeinen Lage reduzieren sich die Kontakte, bleiben aber nicht aus. Frank Finger, Gunnar Hegger, Michael Buchheit und manch andere halten engen Kontakt, sehen sich in Spanien oder bleiben per Telefon oder über Whatsapp in Verbindung. Frank Finger schickt ihm regelmäßig einen Ruderkalender zu, in diesem Jahr freute er sich zudem über das Jubiläumsheft zum 50. Rheinmarathon. „Er muss ja wissen, was hier Sache ist“, freut sich Frank Finger. „Michael Buchheit machte mal ein Praktikum bei meiner Firma in Leon. Er war öfter hier, einmal auch mit Matthias Scheiff, Mannschaftskamerad von Udo Schroers. Dann kamen die Kinder und Reisen wurde zum Problem“.
Zu Volker Nüttgens Rudererleben in Spanien
Er gründete 1966 den Club De Remo Retiro 66, den es bis heute gibt. Damals hatte er gute Kontakte zum Fernsehen, stand daher regelmäßig vor der Kamera und warb für den Rudersport auch mit Pressearbeit. Weil es später in dem Verein nicht mehr so lief wie er sich das vorstellte, gründete er 2005 unter anderem mit Sir Stephen Wright, dem britischen Botschafter in Madrid, den Club de Remo Olímpico Sierra de Madrid, ebenfalls auf dem etwa zwanzig Autominuten entfernten Stausee Valmayor. Bis alle Wassersportvereine dort aufgrund verschiedener Komplikationen vertrieben wurden. Somit zog es die Ruderer mit ihrem Verein auf den 45 Minuten entfernten Stausee Pedrezuela, aber ohne Steg und Bootshalle. Lange Jahre vorher bildete er um die 150 Ruderer aus, meistens vom Bug aus im Doppelzweier. Auch Josep Borell, Außenbeauftragter der EU, gehört in die Liste der „Schüler“.
Lust auf Rudern verspührt der 78-jährige Germane seit über 60 Jahren. „Ich habe in den letzten Jahren trotz der desolaten Umstände in der lokalen Ruderei, und trotz Covidbeschränkungen immer mehr Spaß am Rudern gefunden“, sagt er. Derzeit geht Volker Nüttgen aufgrund der Entfernung zum Verein nur zweimal in der Woche rudern, schafft immer noch beinahe 1000 km im Jahr, das Ergometer in seinem Fitnessstudio nutzt er hingegen sehr ungern. Auf dass ihn Rudern weiterhin fit hält und er noch viele Runden auf dem Pedrezuela drehen kann, alleine oder zusammen mit anderen.
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