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Machen ist krasser als wollen
Anrudern XXL, was soll, ich sagen, ich hab’s mich einfach getraut, obwohl ich noch gar nicht so lange im Club bin. Etwas Angst hatte ich schon vor der ersten Etappe von 71 km. Ob ich das wohl schaffe? Aber fangen wir mal von Anfang an ...
Aushang gesehen, gelesen, dass Günter die Fahrt organisiert und ihm daraufhin 1000 Fragen gestellt. Er hat nicht die Nerven verloren, sodass ich gut organisiert zum Vortreffen kommen konnte. Geld übergeben, Boote verladen, Mitfahrer gesehen, Vorfreude groß. Ich wurde eingeteilt, mit dem Zug nach Boppard zu fahren, dem Ausgangspunkt unserer Tour.
Die Zugfahrt stellte sich als eine wirklich gute Entscheidung dar. Es gab interessante Gespräche und lecker Essen und Trinken. Wir hätten wahrscheinlich auch noch zwei Tage, mit unserem ganzen Proviant und weiterreisen können, ohne zu verhungern oder zu verdursten. Entsprechend fröhlich kamen wir in Boppard an, suchten unsere Unterkünfte beziehungsweise die Bootshalle und haben uns dann zum organisierten Abendessen verabredet. Nach dem Essen trennten sich unsere Wege recht schnell, denn die 71 Kilometer bis Bad Honnef waren ja schon eine Ansage.
Boppard – Bad Honnef 71 km
Am nächsten Morgen trafen wir uns gegen 9 Uhr an der Bootshalle. Es wurde noch gefrühstückt und auch die Auswärtsschläfer konnten sich an den Brötchen bedienen. Begeistert war ich von der großen Belag-Auswahl: Von Käse über Leberwurst bis Nutella war alles vorhanden, sodass auch hier keine Wünsche offenblieben.
Nach der Bootseinteilung ging ein Boot nach dem anderen auf den Rhein. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase lief alles rund – auf jeden Fall für mich. Wir haben ein paar Pausen gemacht und konnten die Natur genießen. Die verkehrsreichste Wasserstraße der Welt ließ sich nicht lumpen und so wurden wir kreuz und quer von vielen Schiffen überholt. Wir bestaunten den Himmel, das Wasser, Enten und Vögel. Wir wurden von freundlichen Radfahrern, DLRG-Tauchern und Feuerwehrleuten gegrüßt. Und auch die ein oder andere Welle begrüßte uns etwas überschwänglich, aber das war nicht wirklich der Rede wert.
Nachdem wir abends an unserem Ziel angekommen sind und alle Boote an Land waren, gab es zur Sicherheit, für die meisten erst mal ein Bier der Wassersportverein Honnef begrüßte uns sehr freundlich mit anderen RuderInnen und einer großen Theke. Meine heutige Übernachtung war zum ersten Mal in der Ruderhalle. Die Halle war riesig, in der Mitte lagen jede Menge Matten und man verteilte sich mehr oder weniger nach Männern und Frauen. Nachts aufgewacht fühlte man sich wie in einem Wald, in dem etwas weiter weg tief brummende Männer-Tiere auf die Frauen aufpassten. So kam jedenfalls niemand in die Ruderhalle hinein. Von daher habe ich mich gut aufgehoben gefühlt und sehr gut geschlafen, auch wenn meine Luftmatratze nicht richtig dicht war.
Bad Honnef – Köln-Rodenkirchen 41 km
Eigentlich wollten wir früh losstarten, aber das Begleitauto musste noch nach Rodenkirchen verbracht werden, sodass wir erst gegen Mittag starten konnten. Dafür hatten wir dann Götterwetter – von daher war es gar nicht so schlimm. Wir saßen vor der Bootshalle, sowas wie ein Sitzkreis wurde gebildet und es herrschte ein fröhliches Miteinander. Gegen Mittag ging’s dann los – gleiche Bootseinteilung wie am Vortag. Die 71 km steckten mir noch etwas in den Knochen, aber nach einer kurzen Aufwärm-Phase waren sie dann auch vergessen.
Eine Bootsbesatzung hatte sich dann ein besonderes Ziel gesetzt: Fahnenklau! Was soll ich schreiben – sehr gut organisiert haben sie es geschafft ihr Projekt mit viel Power und Können umzusetzen ... Fast kein Boot behielt seine Fahne.... Die kleine „Strafe“ folgte am Schluss, aber Sieger nehmen das natürlich mit einem Lächeln entgegen – und sind ja nicht aus Zucker ...
Abends angekommen das Gleiche wie am Vortag ... Jeder sucht sich seinen Schlafplatz und wir trafen uns zum Essen. Auch dieser Tisch beim Chinesen war bereits vorbestellt und eine gute Wahl. In Köln waren wir ja auch gar nicht an irgendeinem Abend zu Gast, sondern es war „Tanz in den Mai“. Einige aus der Gruppe waren ausgehwillig, was mich freudig stimmte, denn das war ich auch. Nach kurzweiligen Schwierigkeiten eine passende Location zu finden, fanden wir dann doch tatsächlich ein Partyboot. Hier konnten wir „der Stadt mit K“ höchsten Respekt zollen – und das nach bereits 102 km – Respekt uns allen. Was für eine Nacht – es hat viel Freude gemacht, mit euch reinzufeiern.
Köln-Rodenkirchen – Düsseldorf 56 km
Auf der letzten Etappe gab es eine andere Bootseinteilung und ich habe nochmal gemerkt, welchen Unterschied der Schlagmann macht. Auch an diesem Tag hatte ein Boot einen Spezialauftrag: Heute musste ein Maibaum her. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen.
Am dritten Tag hatten wir das schlechteste Wetter und den meisten Wind – aber sind nicht wirklich nass geworden. Dafür gab es eine spektakuläre Aussicht vom Wasser aus auf Köln. Der Dom war für mich das Beeindruckendste – er zeigte sich im Sonnenschein von seiner besten Seite. Jede Menge Menschen saßen am Rhein und winkten uns zu und wir ruderten und ruderten und ruderten. Meine Bootsmitfahrer waren eine wunderbare Truppe, hier und da ein entspanntes Päuschen … reden, lachen, gucken, staunen ... Dennoch waren die letzten 10 km die Schwersten der ganzen Reise. Irgendwann ließ die Kraft etwas nach, aber ... got it - made it ...
Besonderen Dank von mir/uns an Günter, den Fahrtenleiter und seine Frau Anne, alles bestens vorbereitet und umgesetzt – schön, dass du mich nicht von der Liste gestrichen hast. Daneben gilt der Dank allen Bulli-Fahrern. Insbesondere Arno sei hier erwähnt, der die Autofahrer auf dem Hinweg sicher durch die engen Serpentinen von Boppard manövrierte.
Machen ist krasser als wollen – ich würde es nochmal tun!
Judith Uhlemann