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Viel Freud und Leid(en)

Während ich diese Zeilen schreibe, wird mir noch mal deutlich, zu welchen Selbstkasteiungen man auch noch im hohen Alter fähig ist.

Wer hat Verständnis dafür, dass sich eine – nach einigen Abmeldungen -dezimierte Zahl von Leuten um die Achtzig solchen Tortouren unterwirft, in der Hoffnung, mal was ganz Anderes zu wagen und zu meistern?

Der „Reiseleiter“ hatte uns ein Hotel mitten in der Stadt Leiden bei Den Haag reserviert, direkt an einer stark befahrenen Gracht, auf der zu Himmelfahrt halb Holland unterwegs war. Das Boot konnten wir direkt vor dem Hotel (mit einigen Schwierigkeiten) festmachen und vom Zimmer aus beobachten.

Vorher allerdings musste sie draußen „auf dem Land“ zu Wasser gelassen werden. Sie wurde von dort zum Hotel gerudert. Wir waren ja nur 9 Mann, also mit 5 Germanen plus Steuermann, die dieses große Schiff im Kampf um das Geradeausfahren antrieben. Die anderen brachten die Fahrzeuge zu einem zentralen Park-Gelände, von dem aus ein Shuttle-Service das Hotel Nieuw Minerva zu erreichen war.

Die Vorhut zu Wasser bekam schon einmal einen Vorgeschmack für das, was oben gesagt ist: Alle Nas‘ lang „Plätten lang“ „Kopf runter“ „Blätter achten“. Was das in diesem Riemenboot bedeutet, wenn man nicht mehr so ganz beweglich ist, wird der eine oder andere Ruderer wohl wissen, aber kaum möglich ist, dass er das mal alle 50 Meter machen musste, mit einem Steuermann, der sich heiser schrie, um ein Desaster zu verhindern.

Der Grund sind die unzähligen Brücken jeder Höhe und Breite. Da konnte es auch schon mal vorkommen, dass man sich mühevoll durch eine extreme Enge gequält hat, um dann festzustellen, dass die nächste „Brücke“ gar keine war. Aus nur wenigen Metern Entfernung sahen wir nur eine ins Wasser gemauerte Wand. Wir mussten umkehren. …. „Plätten lang“ „Kopf runter“ „Paddeln“….

Aber keine Sorge: Das wird hier kein Klagelied, sondern ein Bericht von einem aufregenden, wenn auch anstrengenden Erlebnis in einer Universitätsstadt voller meist junger, feuchtfröhlicher Leute im 4-tägigen Brücken-Wochenende.

Diese Gracht vor unserem Hotel muss man sich so vorstellen, dass außerhalb des Wassers und der Fahrbahn jeder freie Platz voll war mit Terrassen, darunter eine ganze Halbinsel, auf der kaum Platz war für das bedienende Personal. Und die Ufer natürlich voll mit geparkten Booten aller Couleur. Wir fanden nur deshalb einen Platz für die Barke, weil dort ein ständiges Kommen und Gehen herrschte und man sich sputen musste, um schnell in eine (große) Lücke zu stoßen.

Ja, aber gerudert haben wir natürlich auch. Sobald man ein Dutzend Brücken überwunden hatte, taten sich auch längere Strecken mitten in der Natur auf und wir fanden Platz für unsere Mittagspausen. Früher waren auf der Barke noch ganze Bierfässer, in feuchte Tücher gewickelt. Jetzt gab es zu allen möglichen essbaren Köstlichkeiten viel Wasser, etwas Bier und, vor allem, Wein, literweise.

Der Steuermann musste sich natürlich zurückhalten. Er war immer derselbe. Er hatte die A….karte gezogen und keiner wollten seinen Job übernehmen.

Diese besagte Karte zogen allerdings auch die beiden Leute im Bug, denn mit ihnen musste gesteuert werden, wenn das Boot keine ausreichende Fahrt hatte. Was die beiden so alles zu hören bekamen ….. ! Aber wir Anderen hatten den akustischen Eindruck, dass gerade dort am meisten und lautstark gelacht wurde. Sie nahmen es eben mit Humor, wenn es bei „Plätten lang“ hieß „Mensch, nun mach doch mal einen an“ „Mensch zieh doch mal, aber zusammen“.

Wir wollten mal was Anderes machen und wagen. Und das haben wir getan und genossen. Aber noch mal machen wird das sicher nicht!

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